Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens
Roman, Mit sieben Rezepten
Übersetzung: Kroll, Anna-Nina
Originaltitel: Kitchens of the Great Midwest
Verlag: Diogenes (2016)
Sprache: Deutsch
Leinen, Ln, 432 S.
184 mm
ISBN-10: 3-257-06975-8
ISBN-13: 978-3-257-06975-4
Kennen Sie Lutefisk? Kein Problem, aber Sie sollten ihn kennenlernen, denn im Debütroman des amerikanischen Lektors und Redakteurs Brian J. Stradal spielt er als humorvolle Anekdote eine Rolle. Schon wieder ein Kochbuch? Nein, denn das Kochen bildet nur den Hintergrund und ein konstantes Motiv. Es erhält seine Bedeutung nicht durch ausgefeilte Rezepte, sondern es verbindet Menschen und schafft für die Protagonistin den Zugang zum sozialen Leben. Eva Thorvald hat keine Mutter, da diese mit dem Sommelier durchgebrannt ist, als Eva gerade drei Monate alt war. Sie hat auch keinen Vater, denn der ist an einem Herzinfarkt gestorben, als er den olfaktorisch und geschmacklich fragwürdigen norwegischen Lutefisk die Treppen hinauftragen wollte. Da war Eva ein halbes Jahr alt.
Die Ausgangslage für Evas weiteres Leben ist also alles andere als ideal. Sie wächst bei ihrem Onkel Jarl in der im Nichts liegenden Stadt West Des Moines (Iowa) auf. Doch Eva trägt die Liebe zu Lebensmitteln und die Passion fürs Kochen von klein auf in sich. So zieht sie im Alter von elf Chilis in ihrem Kleiderschrank, besonnt von den Lampen, mit denen ihr Cousin Randy einst Cannabis züchtete. Zudem besitzt sie den absoluten Geschmackssinn. So wird aus dem schüchternen Mädchen die gefragteste Köchin Nordamerikas, als eines Tages ihre Mutter wieder vor ihr steht.
Auf grotesk-humorvolle Weise schildert Stradal sensibel die Geschichte einer Außenseiterin, die durch Zufallsbekanntschaften und mithilfe ihres außergewöhnlichen Geschmackssinns Freunde und ihr Lebensglück findet. von Maiken Richter
Nach einer wahren Geschichte
Roman
Übersetzung: Heinemann, Doris
Originaltitel: D'après une histoire vraie
Verlag: DuMont Buchverlag , 2. Aufl. (2016)
Gebunden, 350 S.
210 mm
ISBN-10: 3-8321-9830-X
ISBN-13: 978-3-8321-9830-5
Was ist, wenn auf einmal alles läuft? Ich als Schriftstellerin endlich Erfolg habe?
Diese Fragen stürzen im neuen Roman der niederländischen Autorin Delphine de Vigan die Hauptfigur Delphine in eine Schaffenskrise. Nachdem sie mit ihrem letzten biografischen Roman endlich Erfolg gehabt hat, kommen zunehmend lähmende Zweifel bei ihr auf, etwa ob sie den Erfolg mit weiteren Werken wiederholen kann. Da lernt sie scheinbar zufällig eine Frau auf der Straße kennen – die Ghostwriterin L. Die Beziehung zu L. wird schnell enger, sie nimmt ihr lästige Pflichten ab und hört sich Delphines Bedenken hinsichtlich ihres künftigen kreativen Schaffens an. Doch schon bald wendet sich das Blatt und aus der Freundschaft wird eine Abhängigkeit, in dem Maße wie Delphine immer mehr hadert und schwächer wird, gewinnt L. Einfluss auf ihr Leben und wird unersetzlich. Doch Delphine beginnt L.’s Rolle und ihre Beweggründe zunehmend infrage zu stellen.
Was mit dem gleichen Namen der Hauptfigur Delphine und der Autorin beginnt, zieht sich kunstvoll durch die gesamte Handlung und schließt sogar das in rot-weiß gehaltene Cover auf dem das fast Schatten-artige Porträt einer Frau von der Seite zweimal in schwarzweiß wie in einem Bilderrahmen abgebildet ist, ein. Die Erzählinstanzen und Figuren werden permanent ineinander gespiegelt, wer schreibt hier überhaupt, wer reflektiert wen und ist L. möglicherweise nur eine Projektion von Delphines Innerem?
Eine spannende Lektüre in der Welt der Literatur an der Grenze zwischen Roman und Krimi, die den Leser nicht mehr loslässt. von Maiken Richter
von Günter Grass;
Gebunden / Steidl Gerhard Verlag
Allen Zumutungen des Alterns und der »Endlichkait« zum Trotz, plötzlich erscheint erneut fast alles möglich: Liebesbriefe, Selbstgespräche, Eifersuchtsdramen, Schwanengesänge,
Gesellschaftssatiren und Augenblicke des Glücks drängen aufs Papier. Plötzlich findet rhythmisierte Kurzprosa ein vielstimmiges Echo in episch wuchernden oder pointiert zugespitzten Gedichten.
Plötzlich entstehen sinnenfrohe Doppelstücke, die vom Zeichner ins Bild gesetzt, weitererzählt oder auf den Doppelpunkt gebracht werden.
So traurig und gewitzt, so lebensklug und doch kämpferisch kann nur ein in die Jahre gekommener Künstler ans Werk gehen, der dem Tod wiederholt von der Schippe gesprungen ist. Zahlreiche
berührende Geschichten bringt er hervor, verdichtet sie zu kunstvollen Miniaturen, die hier und jetzt spielen.
In »Vonne Endlichkait« schafft der Literaturnobelpreisträger in einem beeindruckenden Wechselspiel aus Lyrik, Prosa und Illustration sein letztes Gesamtkunstwerk.
von Harry Rowohlt;
Gebunden
2014 Kein & Aber
Harry Rowohlts legendärer Pooh's Corner jetzt in zwei Bänden im Klassikerformat. Zum einen die Ausgabe mit Texten von 1989-1997 und zum anderen die erweiterte Erstausgabe mit den Meisterstücken von 1997 bis 2013.
von Michel Houellebecq;
Übersetzt von Norma Cassau, Bernd Wilczek
DuMont Buchverlag GmbH
Welches Buch könnte besser in unsere Zeit passen als dieses?
Goncourt-Preisträger Michel Houellebecq erzählt in "Unterwerfung" die Geschichte des Literaturwissenschaftlers François. Der Akademikerforscht im Frankreich einer sehr nahen Zukunft zu dem dekadenten Schriftsteller Huysmans, der ihn sein Leben lang fasziniert. Zugleich verfolgt er die Ereignisse um die anstehende Präsidentschaftswahl: Während es dem charismatischen Kandidaten der Bruderschaft der Muslime gelingt, immer mehr Stimmen auf sich zu vereinigen, kommt es in der Hauptstadt zu tumultartigen Ausschreitungen.Wahllokale werden überfallen, Autos brennen auf den Straßen. Als schließlich ein Bürgerkrieg unabwendbar scheint, verlässt François Paris ohneein bestimmtes Ziel vor Augen. Es ist der Beginn einer Reise in sein Inneres."Unterwerfung" handelt vom Zusammenprall der Kulturen und stellt Fragen zum Verhältnis von Orient und Okzident, von Judentum, Islam undChristentum - Fragen, die heute so relevant sind wie nie. Michel Houellebecq präsentiert sich als furchtloser Gesellschaftsdenker, der die bestimmenden Spannungsverhältnisse unserer Epoche mit großer Ernsthaftigkeit - und zugleich mit virtuoser Ironie - ausdeutet.
von Frank Witzel;
Gebunden / Matthes & Seitz Verlag
Gudrun Ensslin eine Indianersquaw aus braunem Plastik undAndreas Baader ein Ritter in schwarzglänzender Rüstung?Die Welt des kindlichen Erzählers dieses mitreißenden Romans,der den Kosmos der
alten BRD wiederauferstehen lässt, ist nichtminder real als die politischen Ereignisse, die jene Jahre in Atemhalten und auf die sich der 13-Jährige seinen ganz eigenen Reimmacht. Frank Witzel
ist es in dieser groß angelegten fantastischenliterarischen Rekonstruktion des westlichen Teils Deutschlandsgelungen, ein Spiegelkabinett der Geschichte im Kopf einesHeranwachsenden zu errichten.
Erinnerungen an das Nachkriegsdeutschland,Ahnungen vom Deutschen Herbst und Betrachtungender aktuellen Gegenwart entrücken ihn dabei immer weiter seinerUmwelt. Das dichte Erzählgewebe ist eine
explosive Mischungaus Geschichten und Geschichte, Welterklärung, Reflexion undFantasie: ein detailbesessenes Kaleidoskop aus Stimmungen einerWelt, die ebenso wie die DDR 1989 Geschichte
wurde.
von Richard Ford;
Frank Bascombe ist wieder da: Richard Ford schickt seinen mürrischen Melancholiker auf eine Odyssee verstörender Begegnungen. Familientragödien, bösartige Exfrauen, späte Beichten - nichts bleibt
Bascombe erspart. Und nie war er aufrichtiger und hellsichtiger als hier. Es sind die Tage nach Hurrikan Sandy in den USA. Der Anruf eines Freundes zwingt Bascombe dazu, sich vor Ort mit der
Katastrophe auseinanderzusetzen. Die Kulisse zerstörter Häuser wird zum Hintergrund, vor dem Ford mit der Stimme seines berühmtesten Helden über die Beschädigungen des Lebens räsoniert: über das
Alter und Krankheiten, über Erlösung und letzte Dinge. Und wie nebenbei beschreibt er dabei abermals die Lage des Landes.
von Ralf Rothmann;
Gebunden / Suhrkamp Verlag GmbH
»Sprach ich meinen Vater in der Kindheit auf sein starkes Haar an, sagte er, das komme vom Krieg; man habe sich täglich frischen Birkensaft in die Kopfhaut gerieben. Ich fragte nicht weiter nach,
hätte wohl auch, wie so oft, wenn es um die Zeit ging, keine genauere Antwort bekommen. Die stellte sich erst ein, als ich Jahrzehnte später Fotos von Soldatengräbern in der Hand hielt und sah,
dass viele Kreuze hinter der Front aus jungen Birkenstämmen gemacht waren.«Im Frühling sterben ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich - »Fiete« - Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern
aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den einen als Fahrer in der Versorgungseinheit der Waffen-SS einsetzt, muss der andere,Fiete, an die Front. Er
desertiert, wird gefasst und zum Tod verurteilt, und Walter, dessen zynischer Vorgesetzter nicht mit sich redenlässt steht plötzlich mit dem Karabiner im Anschlag vor seinem besten Freund ...In
eindringlichen Bildern erzählt Ralf Rothmann vom letzten Kriegsfrühjahr in Ungarn, in dem die deutschen Offiziere ihren Männern Handgranaten in die Hacken werfen, damit sie noch angreifen, und
die Soldaten in der Etappe verzweifelte Orgien im Angesicht des Todes feiern. Und wir erleben die ersten Wochen eines Friedens, in dem einer wie Walter nie mehr heimisch wird und noch auf dem
Sterbebett stöhnt: »Die kommen doch immer näher, Mensch! Wenn ich bloß einen Ort für uns wüsste ...«
von Jonathan Franzen;
Die junge Pip Tyler weiß nicht, wer ihr Vater ist. Das ist keineswegs ihr einziges Problem: Sie hat Studienschulden, ihr Bürojob in Oakland ist eine Sackgasse, sie liebt einen verheirateten Mann,
und ihre Mutter erdrückt sie mit Liebe und Geheimniskrämerei. Pip weiß weder, wo und wann sie geboren wurde, noch kennt sie den wirklichen Namen und Geburtstag ihrer Mutter. Als ihr eines Tages
eine Deutsche beim "Sunlight Project" des Whistleblowers Andreas Wolf ein Praktikum anbietet, hofft sie, dass der ihr mit seinem Internet-Journalismus bei der Vatersuche helfen kann. Sie stellt
ihre Mutter vor die Wahl: Entweder sie lüftet das Geheimnis ihrer Herkunft, oder Pip macht sich auf nach Bolivien, wo Andreas Wolf im Schutz einer paradiesischen Bergwelt sein Enthüllungswerk
vollbringt. Und wenig später bricht sie auf.'Unschuld', eine tiefschwarze Komödie über jugendlichen Idealismus, maßlose Treue und den Kampf zwischen den Geschlechtern, handelt von Schuld in den
unterschiedlichsten Facetten: Andreas Wolf, in Ost-Berlin als Sohn eines hochrangigen DDR-Politfunktionärs geboren, hat aus Liebe zu einer Frau vor Jahren ein Verbrechen begangen; ein Amerikaner,
dem er in den Wirren des Berliner Mauerfalls begegnet, hat den Kinderwunsch seiner Frau nicht erfüllt und sie dann verlassen; dessen neue Lebensgefährtin kann ihrem Ehemann, der im Rollstuhl
sitzt, nicht den Rücken kehren und pflegt ihn weiter. In diesem fulminanten amerikanisch-deutschen Gesellschaftsroman eines der größten, sprachmächtigsten Autoren unserer Zeit überschlagen sich
die Ereignisse. Und bannen den Leser bis zum Schluss.
von Karl Ove Knausgård;
Übersetzt von Paul Berf
Gebunden / Luchterhand Literaturvlg.
Die vierzehn Jahre, die ich in Bergen lebte, sind längst vorbei. Ich führte ein Tagebuch, das habe ich verbrannt. Ich knipste ein paar Bilder, von denen besitze ich noch zwölf. Ich wusste so
wenig, wollte so viel, brachte nichts zustande. Aber in welch einer Stimmung ich war, als ich dort ankam!14 Jahre verbrachte Knausgård in Bergen, bevor er aus der norwegischen Küstenstadt
regelrecht nach Stockholm floh, als ginge es ins Exil. Es waren Jahre, in denen er so unermüdlich wie erfolglos versuchte, Schriftsteller zu werden, in denen schließlich seine erste Ehe
scheiterte, in denen sich Momente kurzer Glückgefühle mit jenen tiefster Selbstverachtung die Hand gaben, in denen sich Demütigungen und Höhenräusche ebenso schnell abwechselten wie
selbstzerstörerische Alkoholexzesse und erste künstlerische Erfolge. Dabei hatte es am Anfang so gut ausgesehen, dieses Leben in Bergen. Dem jungen Knausgård schien die Welt offenzustehen, all
seine Träume schienen sich zu erfüllen. Er hatte einen Studienplatz an der Akademie für Schreibkunst bekommen, endlich eine Freundin gefunden ...
von Anton Cechov;
Diogenes Verlag AG
Wie soll man leben? Wahrhaftig und frei. Die Notwendigkeit des Aufbruchs vom falschen in ein richtiges Leben spricht aus Anton Cechovs späten Erzählungen mit einer Intensität, wie sie in nur wenigen Texten der Weltliteratur zu finden ist. Anton Cechovs berühmtes Spätwerk vollständig ediert und mit umfangreichem Anmerkungsteil in der Neuübersetzung von Peter Urban.
von Richard Yates;
Richard Yates wurde 1926 in Yonkers, New York, geboren und lebte bis zu seinem Tod 1992 in Alabama. Obwohl seine Werke zu Lebzeiten kaum Beachtung fanden, gehören sie heute zum Wichtigsten, was die amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts zu bieten hat. Wie Ernest Hemingway prägte Richard Yates eine Generation von Schriftstellern. Die DVA publiziert Yates' Gesamtwerk auf Deutsch, zuletzt erschien der Roman "Eine strahlende Zukunft". Das Debüt "Zeiten des Aufruhrs" wurde 2009 mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet in den Hauptrollen von Regisseur Sam Mendes verfilmt. "Cold Spring Harbor", zuerst veröffentlicht 1986, ist Yates' letzter vollendeter Roman.
von Jenny Erpenbeck;
Entdeckungsreise zu einer Welt, die zum Schweigen verurteilt, aber mitten unter uns ist
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter
Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen
Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als
er selbst, wer er eigentlich ist.
Jenny Erpenbeck erzählt auf ihre unnachahmliche Weise eine Geschichte vom Wegsehen und Hinsehen, von Tod und Krieg, vom ewigen Warten und von all dem, was unter der Oberfläche verborgen liegt.